Altes Bürogebäude wird aufgemöbelt

(WAZ 6.6.2023) Viele Immobilien entsprechen nicht mehr modernen Standards. Eigentümer müssen investieren

Die Kaffeemaschine funktioniert und auch der Geschirrspüler. Ansonsten hat in dem langgestreckten Büroraum, in dem Sharif El Omari steht, schon länger keiner mehr gearbeitet, niemand an dem weißen Besprechungstisch gesessen, niemand an einem der Schreibtische. Es ist ein sogenannter Showroom, der potenziellen neuen Mietern zeigen soll, was man aus dem etwas in die Jahre gekommenen Bürobau machen kann: Glaswände einziehen, Wände versetzen, wertige Fußböden verlegen, moderne Möbel aufstellen. Kein Besucher würde hier vermuten, dass das Gebäude fast 35 Jahre alt ist. Höchstens an den vielen kleinen Heizkörpern an den Wänden und der etwas niedrigeren Deckenhöhe könnte man es ahnen.

Es ist die zehnte Etage des markanten Bürogebäudes Gildehofstraße 1 und 1a. 1990 wurde es von der Hypothekenbank in Essen AG errichtet, deren langjähriger Chef, Hubert Schulte-Kemper, derzeit mit der Insolvenz seiner gegründeten Fakt AG in den Schlagzeilen steht. Die Essen Hyp ist längst Geschichte, was blieb, ist der Bürokomplex am Varnhorstkreisel in der Innenstadt. Seit 2013 gehört die Immobilie der Ashtrom Properties Germany GmbH, die diese jetzt mit Millionenaufwand in die Neuzeit heben will. Sharif El Omari ist der verantwortliche Manager dafür.

Gildehofstraße 1 wird energetisch auf Vordermann gebracht

Allein in dem 16-stöckigen Hochhaus stehen demnächst über 9000 von zusammen 10.100 Quadratmetern Bürofläche leer – wenn der Mietvertrag des Energiekonzerns Eon Ende Juni ausgelaufen ist. Was aber macht man, wenn der größte Mieter auf einen Schlag auszieht? El Omari spricht von der Chance, das „Objekt in Gänze neu zu entwickeln“. Mit ein paar neuen Möbeln und gestrichenen Wänden ist es dabei nicht getan. Das Gebäude muss vor allem energetisch auf einen neuen Stand gebracht werden.

Tobias Altenbeck, Geschäftsführer beim Maklerunternehmen Brockhoff, begleitet die Vermietung. Er weiß: Seit die Energiepreise durch die Decke gehen, schauen Büromieter mit besonders hohem Interesse auf die Nebenkosten. Dass diese auch bei Bestandsgebäuden niedrig gehalten werden können, will El Omari für den Gildehof 1 zeigen: „Wir reizen die Möglichkeiten im Bestand aus.“ Insgesamt zehn Millionen Euro will die Ashtrom Properties Germany in ihr Gebäude investieren.

Mehrere Dinge sind geplant: Auf den Flächen werden ausnahmslos LED-Leuchten verbaut und Jalousien als Sonnenschutz installiert. Die Heizkörper werden so ausgestattet, dass sie direkt angesteuert werden können. Die bestehende Lüftungsanlage soll effizienter arbeiten. Mit all den Maßnahmen seien rund 40 Prozent Energieeinsparung möglich, rechnet El Omari vor. Eventuell sollen auch Photovoltaikelemente an der Fassade montiert werden. Das werde derzeit aber noch geprüft.

Freilich stößt die energetische Modernisierung im Bestand auch an Grenzen.

Ein bestehendes Gebäude könne energetisch nicht mit einem Neubau konkurrieren, räumt El Omari ein. Wenn man jedoch die gesamte CO2-Bilanz betrachte, die ein Neubau emittiere, dann könne auch ein älterer Bau im Wettbewerb bestehen.

Wie im Bürohaus Gildehofstraße 1 stehen in ganz Essen momentan viele Büros leer – über 230.000 Quadratmeter. Der Leerstand hatte somit im vergangenen Jahr 7,3 Prozent erreicht und war so hoch wie seit vielen Jahren nicht mehr. Der Grund: Große Konzerne wie Eon oder Thyssenkrupp ordnen sich neu oder haben sich wie RWE oder Aldi jüngst neue Unternehmenszentralen gebaut.

Viele von den zurückbleibenden Flächen sind allerdings in die Jahre gekommen. Für Makler Tobias Altenbeck ist der Gildehof 1 daher ein gutes Beispiel dafür, dass sich Investitionen im Bestand lohnen können. „Wenn Eigentümer investieren, dann merken wir, dass Immobilien in guten Lagen wie diese funktionieren“, betont er.

Callcenter-Betreiber Regiocom zieht in den Komplex ein

Er und El Omari berichten, dass die Nachfrage nach den Büros gut ist. „Wir sind in zahlreichen, vielversprechenden Gesprächen.“ Darunter sei auch ein Interessent, der allein 60 Prozent des Hochhauses belegen würde. Der durchschnittliche Mietpreis liegt bei 12,50 Euro netto pro Quadratmeter und ist damit deutlich günstiger als in einem Neubau.

Den ersten neuen Mieter in umgebauten Räumen hat El Omari bereits im Hause: Das Callcenter-Unternehmen Regiocom hat für seine 300 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in Essen rund 2000 Quadratmeter im sechsstöckigen Winkelbau angemietet. Die zentrale Lage sowie das moderne Raumkonzept seien wichtige Entscheidungskriterien dafür gewesen, mit dem Servicecenter von Bredeney in die Innenstadt zu ziehen, heißt es. In der vergangenen Woche feierte Regiocom bereits die Eröffnung des neuen Standortes.